Das SMCÜ-Team segelte vergangenes Wochenende auf den 56. Platz in der Gesamtwertung in Porto Cervo gegen viele Segelprofis.
Die größte Weltmeisterschaft einer Kielbootklasse, die es jemals gab, ausgetragen auf dem traumhaften Segelrevier von Porto Cervo auf Sardinien. Für uns, Steffen und Sven Heßberger sowie Frederik und Henrik Schaal, war klar, dass wir diese Regatta unbedingt segeln möchten. Wir beschlossen einige Tage früher nach Sardinien zu fahren, um uns dort auf das Revier und das Segeln im großen Feld einzustellen. Aus der Bundesliga sind wir es ja kaum noch gewohnt länger als fünfzehn Minuten für ein Rennen zu benötigen, in Sardinien rechneten wir mit rund einer Stunde Kurslänge, eine große Umstellung also.
Nach Alpenüberquerung und nächtlicher Fährfahrt erreichten wir Sardinien. Wir wurden von sommerlichen Temperaturen, viel Sonne, aber auch sehr viel Wind empfangen. Bevor wir ans Segeln denken konnten galt es jedoch erst das Boot fertig zu machen es vermessen zu lassen. Die Vermessung an sich ist eigentlich Routine, da wir ausschließlich normiertes Standardmaterial verwenden. Allerdings läuft eine Vermessung selten komplett reibungsfrei ab. Probleme machte diesmal unsere Fock, die um wenige Millimeter abwich. Es stellte sich dann aber glücklicherweise heraus, dass bei diesem Modell durchgehend der gleiche winzige und völlig unrelevante Fehler auftrat und so konnten wir wie viele andere Teams dieses Segel doch nutzen.
Für uns bedeutete dies, dass wir das Boot einwassern durften und die ersten Trainingseindrücke sammeln konnten. Bei guten Winden um die 14 Knoten konnten wir das erste Mal aufs Wasser. Es stand eine enorme Welle und schon bald waren unsere Jungs auf dem Vorschiff, Henrik und Sven, völlig durchnässt. Der Vorwind brachte dafür viel Freude und wir kamen richtig ins surfen. Nachdem wir dann einen Nachmittag alleine übers Meer gesegelt sind konnten wir an den beiden folgenden Tagen mit einigen anderen Teams trainieren. Die Amerikaner organisierten kurze Wettfahrten, zu denen bereits 40 Boote antraten. Langsam konnten wir erahnen, wie eine Wettfahrt in einem 80-Boote Feld sein würde. War man nicht vorne, gab es eigentlich keinen freien Wind mehr. Das Training half uns enorm um uns auf die große Flotte, und auf die schwierigen Starts einzustellen. Es zeigte uns jedoch auch die befürchteten Geschwindigkeitsunterschiede auf der Kreuz. Wir konnten einfach nicht die Geschwindigkeit und Höhe der Proficrews fahren, die Gründe dafür suchten und fanden wir teilweise, aber auch nach einigen Änderungen am Trimm waren wir immer noch langsamer. Viele Trimmeinheiten und personalisierte Segel geben den Profis hier einen klaren Vorteil, den zu begrenzen versuchten.
Am letzten Trainingstag setze sich ein heftiger Mistral durch, der für Winde um die 30 Knoten, in Böen bis 50 Knoten sorgte. Praktisch unsegelbar auf unserer J 70 und auch direkt vor einer Weltmeisterschaft nur eine unnötige Materialschlacht. Wir beschlossen also ein wenig zu entspannen und trafen uns mit den befreundeten Teams aus Friedrichshafen. Bei weiteren Blicken auf die Windvorhersage zeichnete sich zudem ab, dass ein Beginn der Rennen an den Folgetagen auch kaum möglich war, denn erneut war extremer Wind vorhergesagt. Wir genossen also die Eröffnungsfeier auf dem Pool Deck des noblen Yacht Club Costa Smeralda, mit dem festen Gedanken, dass der folgende Tag ein weiterer Landtag werden würde.
Bereits beim Frühstück sahen wir uns bestätigt, der Wind pfiff ums Haus und das Wasser war mehr weiß als blau. Im Hafen wurden wir dann zunächst auf den Nachmittag vertröstet, dann wurde aber relativ bald der ganze Tag abgesagt und wir nutzen diese Zeit um die Insel ein wenig zu erkunden. Nebenbei erschütterte ein Vermessungsskandal die Weltmeisterschaft. Nach der Vermessung wurden sieben Teams ausgeschlossen, bei denen ein manipulierter Kiel gefunden wurde. Unter ihnen auch einige der Favoriten, vor allem aus Italien. Die Veränderungen können helfen signifikante Geschwindigkeitsvorteile zu erzielen und waren bereits bei anderen großen Meisterschaften der Klasse befürchtet worden. Nun setzte die Klasse ein klares Zeichen und zeigte, dass solche illegalen Umbauten nicht toleriert werden. Die teilweise uneinsichtigen Protagonisten dieses Skandals lieferten sich nach ihrem Ausschluss noch einen auf persönlicher Ebene ausgetragenen Schlagabtausch mit dem austragenden Club, was für die Veranstaltung sicherlich kein guter Auftakt war. Auf der positiven Seite, gab es für uns ein unterhaltsames Nebenprogramm zur Warterei und wir erfuhren auch mehr über den enormen Aufwand, den viele unserer Konkurrenten betreiben.
Nachdem wir den zweiten Tag auch an Land verbrachten schwächte sich der Wind zum Donnerstag hin endlich ab und wir konnten die ersten Rennen starten. Aufgrund der Anzahl von 161 Booten wurde das Feld in zwei Gruppen gestartet und es waren immer rund 80 Boote gleichzeitig auf dem Kurs. Eine unglaubliche Anzahl, wenn man überlegt, dass wir am Bodensee bei den Klassenregatten meist nur bis zu 30 Boote haben. Um der Anzahl der Boote gerecht zu werden wurde die insgesamt 800 Meter lange Startlinie in zwei Segmente aufgeteilt, die in der Mitte durch ein großes Schiff der Wettfahrtleitung begrenzt wurden. Man konnte also entweder in der rechten oder linken Startlinienhälfte starten. Allein schon durch die Länge der Linie musste man sich gut überlegen welche Seite bevorzugt war. Die Vorteile gehen hier schon in die hunderte Meter und das nur am Start, ohne einen einzigen Meter gesegelt zu sein. Zudem galt es abzuwägen, ob man sich zur rechten Seite des Kurses orientiert, wo man meist mehr Freiheiten hat oder ob man doch die linke Seite versucht, wo der Wind vermeintlich besser war, aber man bei einem schlechten Start kaum Optionen hat. Wir entschieden uns aufgrund der fehlenden Kreuzgeschwindigkeit häufig für einen Start der weiter rechts oder mittig orientiert war.
Nach einem guten Start im ersten Rennen konnten wir wie befürchtet nicht mit den anderen mithalten und wurden schnell überlaufen. Freien Wind gab es praktisch nicht mehr, überall war Abwind. Wir fielen immer weiter zurück und rundeten die Luvtonne als drittletztes Schiff. Ein großer Schock, so schlecht hatten wir uns nicht eingeschätzt! Doch nun folgte unsere Paradendisziplin, der Vorwind. Wir bewegten uns sehr viel auf dem Boot und segelten die J 70 praktisch wie eine kleine Gleitjolle. Dadurch konnten wir viele Wellen mitnehmen, die uns zusätzlich anschoben und erlangten einen großen Geschwindigkeitsvorteil. Zu Beginn der nächsten Kreuz lagen schon wieder 20 Boote hinter uns. Nach einer weiteren schweren Kreuz konnten wir auf dem letzten verbleibenden Vorwind nochmal einige Boote holen und platzierten uns noch in der Mitte des Feldes. Unser Selbstvertrauen war wiederhergestellt und wir erörterten, wie wir uns nächstes Mal besser bis zur Luvtonne schlagen könnten. Die nächsten zwei Rennen verliefen ähnlich, schlechte Position an der Luvtonne, dann Aufholjagd auf dem Vorwind. Allerdings begannen wir ein wenig weiter vorne und konnten uns so nochmal zweimal zwischen Hälfte und vorderem Drittel platzieren. Bei immer noch starken Winden zehrten diese drei Rennen vor allem an den Kräften des Gennackerfahrers, Sven, und des Steuermanns, Steffen, die beide sehr viel mit den Schoten arbeiteten. Ein wenig fertig und nicht ganz sicher, ob diese Leistung für die angestrebte Goldfleet reichen würde segelten wir an Land. Dort erwarteten uns unsere Eltern, die uns zuschauen und ein wenig Sonne auf Sardinien tanken wollten.
Beim gemeinsamen Abendessen, dann die erleichternde Nachricht: Goldfleet. Es hatte gereicht als 68. waren wir in die vordere Hälfte gerutscht und konnten uns in den Folgetagen mit den besten Seglern der Regatta messen. Wir waren sehr glücklich und freuten uns auf die weiteren Wettfahrten. Die fanden weiterhin bei Starkwind statt und in der Gruppe der Besten wurde es noch schwieriger uns gegen die anderen zu behaupten. Bei erneut schwieriger Kreuz konnten wir im vierten Rennen aus unseren Fehlern des Vortags lernen und hielten uns an den Engstellen um die Tonnen noch freier. Dadurch umgingen wir ärgerliche Abwinde und reduzierten die Anzahl der Manöver, was uns sehr half. Mit diesen Änderungen konnten wir uns einen 37. Platz in der Goldfleet ersegeln.
Im zweiten Rennen des Tages lagen wir in ähnlich guter Position. Allerdings schlief der Wind immer weiter ein und nach einer Wartezeit von rund zehn Minuten bei absoluter Flaute erbarmte sich der Wettfahrtleiter endlich um das Rennen abzuschießen. Es blieb nur noch der letzte Wettfahrttag.
Ein wenig unerwartet bließ der Wind um die 20 Knoten und nahm im Tagesverlauf bis auf 27 Knoten zu, vorhergesagt war deutlich weniger. Wir durften also erneut auf harte Kreuzen aber auch spaßige Vorwinde im Gleitmodus hoffen. Trotz des vielen Wind starteten viele Boote sehr aggressiv, da sie nochmal eine gute Platzierung segeln wollten. Nach einigen Frühstarts ging es dann endlich los, und es waren immer noch viele Boote zu früh dran. Dieser Start war uns auf die Sekunde gelungen, denn drei Boote direkt neben uns wurden disqualifiziert, was wir per Funk erfuhren. Die drei waren zudem alle unter den Top 10, wodurch wir uns mit unserem Start noch glücklicher schätzten. Erneut reichte es für einen guten Platz kurz vor der Mitte des Feldes. Bei zunehmendem Wind ging es dann in das letzte WM Rennen. Der einzige verkorkste Start der Serie bescherte uns durch eine aufgezwungene Wende auf einmal völlig freien Wind und wir lagen richtig gut positioniert. Doch je länger die Kreuz ging, desto stärker wurde der Wind und wir umso langsamer wurden wir. Besonders im letzten Drittel der rund 25-minütigen Kreuz passierte uns ein Boot nach dem anderen. Bei nun sehr starken Winden war uns eine Aufholjagd auf dem Vorwind auch nicht mehr möglich, da alle Boote nur noch übers Wasser flogen und wir aufpassen mussten nicht die Kontrolle zu verlieren. Am Ende fuhren wir eine durchgeglittene Halse, vermutlich die beste Halse die wir je gefahren sind. Allerdings gewinnt man in einem Rennen das eine Stunde fünfzehn geht mit ein bisschen Vorwindvorteil und einer super Halse auch nicht mehr viel und so lieferten wir noch unseren Streicher ab. Die Weltmeisterschaft war nun mit leider nur sechs Rennen schon vorbei, jedoch hatten diese Rennen es gewaltig in sich.
Keiner der sechs Läufe war kürzer als eine Stunde zehn und trotz dieser langen Dauer war das Feld immer nah beieinander, so dass man bis auf die letzten Meter Boote überholen konnte. Diese unglaubliche Intensität gepaart mit dem überwältigenden Gefühl in einer so großen Flotte zu segeln machte diese Weltmeisterschaft für uns zu einem unglaublichen Ereignis. Wir konnten schlussendlich einen 56. Platz unter 161 Booten erkämpfen und schafften es in der Amateurwertung sogar auf Platz 13 von 73 Booten. Mit diesem Ergebnis sind wir inzwischen sehr glücklich von Sardinien abgereist und planen im Kopf schon an welchen Stellschrauben man beim Trimm für ein weiteres Event dieser Art noch drehen kann. Abschließend möchten wir uns nochmal beim Club, sowie allen großzügigen Spendern und Förderern aus dem Club und auch unseren Sponsoren der dataTec AG und der Akademie für Führungskräfte bedanken, die uns nicht nur durch ihren Beitrag bei der Bundesliga unterstützen, sondern auch hier einen Teil der finanziellen Kosten übernehmen konnten. Quelle: SMCÜ.