Am Zweiten Weihnachtstag startete das Feld von 108 Yachten im majestätischen Hafen von Sydney bereits unter einem unheilvollen, grauen Himmel, gleichwohl salutiert von einer Überfülle an Begleitbooten und hunderttausenden von Sehleuten an Land. Mit Einbruch der Dunkelheit begann das Rennen seine wahren Farben zu zeigen und verlangte unter den Teilnehmern einen hohen Zoll.
Das Einsetzen des gefürchteten ‚südlichen Knackers‘ brachte Wind von vorn in Sturmstärke. Innerhalb von Minuten mussten die Crews auf eine Winddrehung um 180 Grad reagieren und quasi alle Luken dicht machen für die kommenden 18 Stunden.
Über den gesamten Kurs und die folgenden zwei Tage verteilt gaben 31 Yachten auf. Die Gründe reichten von gebrochenen Steuersystemen über zerrissene Segel bis hin zu strukturellen Schäden als Resultat aus dem ständigen Hämmern der Rümpfe auf den rauen Ozeanwellen.
Amateure und Profis gleichermaßen erklärten dies schnell zu einem ‚echten‘ Hobart, und ergänzten, es seien mit die härtesten Bedingungen gewesen, die sie jemals erlebt hätten. Sicherheit und Seemannschaft, einer für alle, alle für einen – das hatte für das gesamte Feld von mehr als 1.500 Sportlern zu jeder Zeit höchste Priorität, als es die Küste von New South Wales entlang ging.
MATT ALLEN'S ICHI BAN (AUS) SMOKING TOWARDS HOBART O1, ICHI BAN (NSW), Sail No: AUS01, Design: Carkeek 60, Owner: Matt Allen, Skipper: Matt Allen |
Das kam Jim Clark und Kristy Hinze-Clark und ihrer Comanche zu pass, jenem 100-Fuß-Maxi, der 2014 beim Rolex Sydney Hobart Race sein Debüt gab. Seitdem war das US-Team rund um die Welt angetreten, hatte Rekorde gebrochen und bei den prestigeträchtigsten Regatten viel „Silber“ abgeräumt, darunter beim Rolex Fastnet Race. Außerdem wurde der 24-Stunden-Weltrekord auf 618 Seemeilen verbessert, was die Comanche unstrittig zum derzeit schnellsten Einrumpfboot der Welt machte. Nur den Titel beim Rolex Sydney Hobart ließ das Team 2014 noch liegen. Als Kristy Hinze-Clark hörte, dass die Rambler 88 gemeldet hatte, fragte sie ihren Mann, ob er unter Umständen damit leben könnte, wenn der amerikanische Rivale möglicherweise den Streckenrekord bräche oder Erster im Ziel wäre.
COMANCHE (USA) LEADING THE CHARGE OFF SYDNEY HARBOUR 58, COMANCHE (USA), Sail No: 12358, Design: Verdier Yacht Design & Vplp, Owner: Jim Clark Kristy Hinze , Skipper: Ken Read |
Eine Wildcard an Bord besaß Kristy Hinze-Clark, die als Co-Eignerin der Comanche noch nie zuvor an einem Hochseerennen teilgenommen hatte. Gar nicht ängstlich oder verlegen nahm das in Australien geborene Supermodel die Herausforderung an und segelte die 628 Seemeilen mit. Am Ende steuerte sie die 30-Meter-Megayacht vor enthusiastischen Fans über die Ziellinie.
Unabhängig vom geballten Knowhow an Bord war es jedoch kein leichtes Stück Arbeit für Ken Read. Neun Stunden nach dem Start erlitt das Team einen schweren Schaden am linken Steckschwert, das unter dem Boot hin und her schlug. Zu dem Zeitpunkt bestand das Risiko, dass das schlagende Schwert den reinen Kohlefaserrumpf beschädigt. Deshalb beeilte sich die Crew, das Schwert abzuschneiden. Aber als das Schwert abbrach, riss es ein Ruderblatt mit, was das gesamte Steuerungssystem erheblich beeinträchtigte.
Der konsternierte Skipper Ken Read rief den Regattaleiter beim veranstaltenden Cruising Club of Australia an und berichtete vom Missgeschick; aber das Rennen der Comanche war noch nicht vorbei.
„Das ist erst der Fall, wenn wir sagen, wir können nicht mehr weiter. Wir stoppten und nahmen alle Segel runter. Wir begannen tatsächlich, rückwärts nach Sydney zurück zu treiben. Dann sah ich Werkzeug. Und wenn diese Jungs Werkzeug auspacken, ist das üblicherweise das gute Zeichen, dass sie eine Idee haben. Plötzlich hörst du es Sägen und Schleifen“, sagte Read.
COMANCHE (USA) PASSING TASMAN I. TO CLAIM LINE HONOURS 58, COMANCHE (USA), Sail No: 12358, Design: Verdier Yacht Design & Vplp, Owner: Jim Clark Kristy Hinze , Skipper: Ken Read |
Das Team kämpfte sich zurück, zäh und ausdauernd, und demonstrierte dabei große Geschlossenheit. Bald schon hatte es die Führung von George Davids Rambler 88 zurückerobert, die in der Nacht an die Spitze vorbeigezogen war.
Unglaublich gut gesegelt mit dem australischen Veteran und Navigator Andrew Cape an Bord für die Strategie und Taktiker Brad Butterworth aus Neuseeland schien alles für die Rambler 88 zu sprechen, die sich anschickte, nach dem Sieg bei Rolex Middle Sea Race im Oktober wieder vorne zu sein. Aber die Comanche kam nach der Mitternachtsreparatur wiedererstarkt zurück und lag später klar vorne.
GEORGE DAVID'S RAMBLER 88 (USA) SURFING DOWNWIND R88, RAMBLER 88 (USA), Sail No: USA25555, Design: Jk 27m Canting Maxi, Owner: George David, Skipper: George David |
Aber das Rennen war noch lange nicht zu Ende. Mit 74 weiteren Booten draußen auf See galt es nun für solche, wie den Franzosen Eric de Turckheim auf der Teasing Machine und die Gesamtsiegerin des Rolex Fastnet Race, Courrier Leon, geskippert von Gery Trentesaux, ihre Chancen zu wahren. Nach langer Anreise von Europa kommend, war Trentesaux einer der kleinsten, aber der mächtigsten im Feld.
In einem Rennen, das nach berechneter Zeit in Handicap-Wertung entschieden wird, ist es je nach Wetterbedingungen wahrscheinlich, dass ein Boot mittlerer Größe gewinnt. Das war dieses Mal nicht anders.
Während die Schnellsten schon lange in Hobart festgemacht hatten, bahnte sich das Gros des Felds noch seinen Weg über die Bass-Straße zur Insel Tasmanien. Einige hofften dabei auf einen Zieleinlauf in Hobart mit einer korrigierten Zeit, die für den Gesamtsieg und den Tattersall’s Cup reichen könnte.
Am Mittwochabend kam Paul Clitheroes TP52 Balance ins Ziel und übernahm die Gesamtführung. Aber es blieb immer noch eine gute Chance für Shane Kearns Sparkman & Stephens 34 Quikpoint Azzurro, die mit neun Knoten vor dem Wind die tasmanische Küste entlang preschte. Sie hätte es schaffen können, die Balance noch zu schlagen.
Clitheroe war eisern: „Sie haben mich die ganze Nacht wach gehalten! In welcher Sportart kannst du mit einem modernen 52-Füßer aus Karbon gegen einen alten 34-Füßer antreten, der mit einer Kreditkarte gekauft wurde. Jeder von uns beiden hätte gewinnen können. Es kam auf die letzten fünf Minuten an. Das war eine tolle Sache!“
SHANE KEARNS' S&S 34 QUIKPOINT AZZURRO (AUS), ORCI DIVISION WINNER 34, QUIKPOINT AZZURRO (AUS), Sail No: 3430, Design: S & S 34, Owner: Shane Kearns, Skipper: Shane Kearns |
OVERALL WINNER PAUL CLITHEROE AND BALANCE CREW Prizegiving ceremony - Overall winner Paul Clitheroe (Owner of BALANCE) and Patrick Boutellier (Rolex Australia) |
Gerade noch rechtzeitig für die Siegerehrung kam die Yacht Myuna III ins Ziel. Sie beendete das Rennen in etwas mehr als fünf Tagen und 20 Stunden um 9.09 Uhr Ortszeit am Neujahrstag.
Das Rolex Sydney Hobart Yacht Race ist der Beweis für den Fakt, dass jedes Detail zählt. Nach Monaten der Vorbereitung, mehr als 600 gesegelten Seemeilen und extrem herausfordernden Bedingungen kam es am Ende wieder mal nur auf Minuten an.
Als die 71. Auflage zu Ende ging, einte die Teilnehmer eine tiefe Genugtuung des gemeinsam Erreichten. Ihre Blicke und Hoffnungen richten sich bereits auf eine Wiederkehr zum nächsten Rolex Sydney Hobart am Zweiten Weihnachtstag 2016.
NEW YEARS EVE FIREWORKS IN HOBART New Years Eve fireworks in Hobart |
Das Rolex Sydney Hobart überwindet sonst erkennbare Grenzen des Segelsports. Es zieht Politiker, Wirtschaftsgrößen, Sporthelden und die Creme der professionellen Segler an. Und trotzdem, getreu seiner Wurzeln, setzt sich der Kern des Felds immer noch aus Amateuren zusammen, die die Herausforderung und das Abenteuer über alles andere stellen. Rolex begleitet dieses Rennen seit 2002 als Partner.
Die schnellsten Boote benötigen üblicherweise nur zwei Tage, während der überwiegende Teil des Felds mit vier bis fünf Tagen auf See rechnen muss. Wetter und Seegang können dramatisch wechseln und beuteln die Aktiven oft. In 1998 verursachten schwere Stürme in Bass-Straße den Untergang von fünf Yachten. Sechs Menschen verloren ihr Leben. Die Antwort der Organisatoren war pro-aktiv: Umgehend nach dem Desaster wurden neue Sicherheitsmaßstäbe und -richtlinien entwickelt, die weltweit berücksichtigt werden.
5.828 – Gesamtzahl der gestarteten Yachten in der Geschichte des Rolex Sydney Hobart
2015 markierte die 71. Auflage des Rennens.
108 Yachten starteten das Rennen, 77 kamen ins Ziel, 31 gaben auf.
2 Tage, 8 Stunden, 58 Minuten und 30 Sekunden – so lange brauchte die Comache als schnellstes Schiff 2015.
3 Tage, 3 Stunden, 50 Minuten und 45 Sekunden – diese Zeit benötigte die Gesamtsiegerin Balance für das 628 sm lange Rennen.
Syd Fischer, Eigner/Skipper der Ragamuffin 100, war mit 88 Jahren ältester Teilnehmer.
Tony Cable von der Duende baute seinen Teilnahmerekord auf 50 Rennen aus. Die Wild Oats XI hält den Rolex Sydney Hobart-Rekord mit 8 Siegen nach gesegelter Zeit.
Rolex Press Room
Rolex Sydney Hobart
Cruising Yacht Club of Australia
Bericht und Fotos: Jennifer Hall, Key Partners (KPMS)